Fly Emirates! (Andrés Tagebuch, Kapitel I)

September 19, 2006

So, nun denn…ich kann mich nicht mehr länger davor drücken. Meine letzte Ausrede mir gegenüber selbst war, keine gescheiten Überschriften für das Erlebte zu finden…nunja. Der Titel ist mal wieder ganz dreist von Nocte abgekupfert, was mal wieder meine Vorliebe für diese Band zum Ausdruck bringt.
Bin ja jetzt nun schon zwei Wochen wieder in Deutschland, mit Ausnahme der zwei Tage London, daher werde ich wohl die eine oder andere Anekdote nicht mehr zum Besten geben können. Leider ist wordpress.com in China nicht zu erreichen (das “Zensurministerium” hat großzügigerweise die Server der gängigsten Blogseiten gesperrt. So wie viele andere Seiten ebenso, Wikipedia beispielsweise funktioniert nicht, egal in welcher Sprache, Google funktioniert nur auf Chinesisch vernünftig, ansonsten ist es ein Glücksspiel), sonst hätte ich natürlich schon dort das Erlebte Revue passieren lassen.

Ich werd meine Chinaberichte unterteilen, für einen einzelnen Eintrag wäre es eindeutig zuviel. Jedoch nun genug der langen Einleitungen.

Am 24.Juli begann also alles, ich wurde von Eltern + Malin zum Flughafen gebracht. Da es von Hamburg aus keine Direktflüge nach China gibt, kamen nur die Möglichkeiten in Betracht, über Frankfurt zu fliegen, wie fünf meiner Kommilitonen, die ich in Shanghai tags darauf treffen sollte. (mit Bahntransfer davor, war 1. teurer und mir nicht geheuer, weil mir öfter schon Verspätungen der Bahn speziell bei derartigen Aktionen zu Ohren kamen) oder die Route Hamburg-Dubai-Shanghai mit Emirates, seinerseits neuer Hauptsponsor des HSV. Letzteres war allerdings nicht ausschlaggebend für meine Wahl, vielmehr oben erwähnte Abneigung von Erst-Bahnfahren-und-dann-Umsteigen, außerdem ist der Frankfurter Flughafen, ähnlich wie Heathrow in London, ein Monster. Ich habs lieber überschaubar mit einem Terminal zum Einchecken etc…

Gegen Mitternacht landete ich dann ohne Probleme in Dubai. Der Captain versicherte uns, dass um diese Zeit noch ganz passable 38°C herrschten, Sommer in der Wüste halt…Aber da der Flughafen ja klimatisiert und zudem noch mit Teppich ausgelegt war, störte mich das allerdings nicht. Im Gegensatz zum Monsunklima, das mich in China erwarten sollte, wären diese 38 Grad auch noch völlig erträglich gewesen…aber das wusste ich da noch nicht. Mein Aufenthalt in Dubai betrug zweieinhalb Stunden, die ich damit verbrachte, den Flughafen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. McDonalds gibt es natürlich auch dort (gar kein McRib im Sortiment? Frechheit!), ebenso einen Irish Pub, der irgendwas von “traditionsreich” an der Tür stehen hatte. 6$ für ein 0,2l-Guinness fand ich persönlich gar nicht so traditionsreich, aber als Touri hat mans ja…Nachdem ich mich dann zu meinem Gate begeben hatte (und zum ersten Mal im Ausland die aus dem Sprachunterricht so wohlbekannten Klänge der heimreisenden Chinesen vernahm), kam ich glücklicherweise recht schnell an Bord der Maschine, die mich dann nach China bringen sollte. Das Flugzeug war glücklicherweise recht leer, so dass ich über Pakistan und Teilen Indiens endlich zumindest Teile meines wohlverdienten Schlafs fand. Im Prinzip ist es an Bord von Langstreckenflügen für jemanden wie mich unmöglich, länger als 1 Stunde zu schlafen, selbst wenn man sich von Kopf bis Fuß mit “Do not disturb”-Aufklebern als Hinweis für das Flugpersonal zupappt. Dafür passiert einfach zuviel (Kinder, die den Gang entlangrennen, als hätten sie nichts besseres zu tun zB), die innere Aufregung, die bei einer Reise ans Ende der Welt verständlicherweise auftritt, tut ihr Übriges. Um 15:30 chinesischer Zeit landete ich dann auf dem Pudong International Airport, dem größeren (und weiter weg gelegenen) der beiden Flughäfen in Shanghai. Nachdem ich gut eine Stunde für die Einreiseformalitäten brauchte (hier noch was ausfüllen, da noch zum 27.Mal den Pass vorzeigen sowie ewig an diversen Schaltern anstehen), suchte ich nochmal eine Toilette auf (internationale Flughäfen haben sogar in China “internationale”, sprich westliche Toiletten. Aber dazu im nächsten Kapitel mehr. Nun musste ich nur noch mein Gepäck wieder einsammeln, und irgendwie zusehen, dass ich zum “People’s Square” (auf Mandarin auch “Renmin Guangchang”, was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste) komme, um mich da mit meinen Freunden zu treffen. Die waren über Frankfurt geflogen und schon gut zwei Stunden im Lande…

Nungut, Hinweisschilder für die einzige Transrapidstrecke weltweit mehr oder weniger übersehen (tut man auch verflucht leicht, wenn man das Symbol nicht kennt – sieht aus wie ein Hinweis für eine stinknormale U-Bahn, und da wollte ich mit meinem Koffer absolut nicht rein) und zum Taxistand. Der “Vorarbeiter” konnte Englisch, also ging ich davon aus, der Taxifahrer könne es auch…aber wie sich herausstellte, würde der erste Chinese, mit dem ich kommunizieren sollte, gleich das mieseste Mandarin an den Tag legen, mit dem ich in den folgenden 6 Wochen zu tun haben sollte. Faustregel: Je älter der Taxifahrer, umso schlechter sein Hochchinesisch. Hinzu kam noch ein unglaublicher Shanghai-Dialekt. Man stelle sich vor, ein Chinese lernt zwei Jahre Hochdeutsch und wird dann in den Bayrischen Wald geschickt. \o/

So kam mir dann auch, nachdem er fünfmal gefragt hatte “Lemmy Guaza?”, in den Sinn, dass er wohl den oben erwähnten People’s Square meinte. Er wollte nur nochmal nachfragen, wo genau ich denn hinwollte…Der Rest der rund 50km vom Flughafen ins Stadtzentrum verlief schweigsam, ich verbrachte die Zeit mit Staunen über die Art, wie die Chinesen Auto fahren, sowie über die schier endlosen Stadtautobahnen, die in alle Richtungen kreuz und quer verliefen (selbstverständlich alles neu gebaut!). Dabei waren wir noch geschätzte 20km vom eigentlichen Zentrum entfernt. Die nächste Frage, die der Fahrer mir stellte, musste er auch nur noch etwa zwölfmal wiederholen, bis ich kapierte dass er von mir eine Antwort haben wollte, wo genau er parken sollte. Der “Square” war nämlich keiner, sondern fast schon ein eigener Stadtteil mit großen Straßen, diversen Museen (sowohl das Shanghai Museum, was unser Treffpunkt war, als auch das Shanghaier Kunstmuseum und auch das Große Shanghaier Theater befinden sich dort), einem Park und vielem mehr. Ich hatte aber bis zum Treffpunkt noch geschätzte drei Stunden, also sagte ich ihm sowas wie “ist egal, Hauptsache aussteigen”, bezahlte die 150 Yuan (15 Euro sind für 50km Taxifahren spottbillig, aber auch dazu bald mehr), nahm meinen Koffer und…wurde vom Klima quasi erschlagen.

Der deutsche Sommer war schlimm? In punkto Temperatur eventuell, in punkto Luftfeuchtigkeit spielen wir am Yangtze, wie übrigens in fast ganz China, in anderen Ligen. 35 Grad plus 85% Feuchtigkeit lassen jedes Shirt schnell nass werden.

Ich beschränkte mich also darauf, mich noch einmal nach dem Standort des Shanghai Museums zu erkundigen, setzte mich dann auf eine Mauer und wartete darauf, dass meine Freunde eintrudelten, um mich abzuholen. Die Dämmerung setzte dort viel früher ein aus zuhause (18:30 ca), kein Wunder wenn man bedenkt dass Shanghai geographisch auf der Höhe von Tripolis in Libyen liegt…

Pünktlich um 20 Uhr ging es dann los, immerhin galt es, einen Moloch von 18 Millionen Einwohnern zu erkunden.

Fotos:

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Links das Shanghai Museum, rechts das Theater…krieg das mitm Infotext beim Mauszeiger drüberhalten grad nich hin.